DELFINITO
Urlaub machte der Ostbürger an der Ostsee. Heiß begehrt waren die Urlaubsplätz – einige von ihnen kaum zu erreichen. So zum Beispiel die Ferienplätze auf dem Kleinod ohne Festlandverbindung: Hiddensee. Am Wochenende besuchte ich die Insel…
Immer wenn ich an Hiddensee denke, gerät mir dieser sensationelle Ohrwurm in den Sinn. “Hoch stand der Sanddorn am Strand von Hiddensee…”, von Nina Hagen. Eine Medienkritik aus den 70er Jahren, die den Ufta-Ufta-Schlager verulkte und damit zur Überraschung aller Beteiligten (insbesondere Nina Hagens) zu einem großen Erfolg wurde.
Was neben Sanddorn und vergessenen Farbfilmen das besondere an der winzigen Insel im Norden Deutschlands ist, versuchte ich vergangenes Wochenende herauszufinden. Dies ist im Übrigen auch der Grund, warum ihr euch bis heute gedulden musstest, für den sonst stets pünktlich erscheinenden Sonntags-Post.
Als ich auf einer der kleinen (Deich)-Erhöhungen bei Vitte stand, bemerkte ich erstmals, dass ich sowohl die West- als auch die Ostküste der Insel überblickte. Auf beiden Seiten das Meer, ich mittendrin den Nordostwind die Nase umwehend. Die Häuser tragen traditionellen Hausmarken der alteingesessenen Familien. Der Fahrrad-Verleiher ermutigt uns freundlich wieder zu kommen (da ja auch die junge Generation nachkommen muss). Und am Strand recken die Nacktbader bei der Suche nach Bernsteinen ihre Hintern in die Höhe. So in etwa ist Hiddensee. Doch ein Kapitel fand ich auf der Insel, zwischen Gerhart-Hauptmann-Haus und Pfingstfeuer am Hafen nur wenig thematisiert. Hiddensee zur DDR Zeit.
Während sich auf Rügen oder Usedom geradezu soetwas wie Massentourismus entwickelte, waren die Unterkünfte auf der Insel gezählt, kein Wunder bei der überschaubaren Größe. Somit wurde der Zugang allein wenigen Urlaubern gewährt, die durch die FDGB organisiert waren. Schließlich zählte die Insel aufgrund seiner Nähe zu Dänemark als Grenzgebiet. Nichtsdestotrotz blieb auch in der DDR Hiddensee seinem Ruf als Insel der Intellektuellen treu und war Nische für Künstler und Wissenschaftler. Andersdenkende konnten hier einen gewissen Raum finden, selbst wenn sie offenkundig unter Stasi-Beobachtung standen. Der überschaubare Raum machte mögliche oppositionelle Handlungen leicht überblickbar. Zu den Berühmtheiten die wohl auf Hiddensee Zeit zugebracht haben sollen, zählen: Jo Harbort, Christine Harbort, Günter Kunert, Kurt Böwe, Harry Kupfer, Inge Keller,Günther Fischer, Armin Mueller-Stahl, Christoph Hein, Robert Rompe1.
Auch mir begegnete eine Berühmtheit: Ilja Richter, radelte im Trenchcoat an mir vorbei. Was ich jedoch vermisste, waren Brettspiele. Ein Domino und ein Triomino sind mir begegnet. Doch mehr auch nicht. Vielleicht würde da ein wenig Erfindergeist den Hiddenseer Ladenbesitzern nicht schaden – z.B. soviel Erfindergeist, wie ihn Herr Trappe aus Thüringen an den Tag legte, als er Delfinito bastelte.
Dabei handelt es sich um ein Spiel, dass auf den ersten Blick auch Lege-Charakter hat, eben wie Dominio. Doch das “endgültige Definspiel” entpuppt sich zügig als Geschicklichkeitsspiel, denn es geht darum, durch das richtige Drehen der Spielblättchen, die Delfine in die richtige Position zu bringen und damit mehr Punkte einzufahren als die (bis zu 3) Gegenspieler. Das Spiel von Hajo Bücken wurde ursprünglich 1987 von der “Arbeitsstelle Neues Spielen” und später vom “Franckh-Kosmos” Verlag herausgebracht. Unsere einmalige Kopie befindet sich inzwischen weit weg von Hiddensee in der reichen Spielesammlung von Rudolf Rühle.
Doch was hat haben Delfine mit Hiddensee zu tun: Nichts, möchte man meinen. Doch das stimmt nicht ganz. Wie die dpa im September 2007 titelte, verirrte sich eine Delfindame mit ihrem Baby in die nördlichen Gewässer. Vor Hiddensee schien es ihr so gut zu gefallen, dass sie dort ein wenig verweilte. Doch die Gewässer wurden ihr zu kalt und das kurze Stelldichein hatte schnell ein Ende.
Und was hat nun unser Spiel mit Hiddensee zu tun? Wohl eher nichts. Doch das ist auch nicht tragisch. Schließlich sang auch Nina Hagen über die Insel und das obwohl sie niemals selbst dort gewesen war.
Autor: Martin
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