GLÜCKSHAUS, MALEFIZ
Nicht alle Nachbauten unserer Sammlung sind Kopien von komplexen Spielen. Die Spiele der DDR waren meist recht einfach gehalten: Kleiner Umfang der Spielmaterialien und einfaches Regelwerk. So wundert es nicht, dass die meisten selbstgemachten Spiele genau das boten, was fehlte: Strategie und Taktik. Doch auch Brettspiele bei denen eher Glück gefragt war, wurden hergestellt.
Gleichgewicht des Schreckens ist ein Spiel, welches es so in der DDR nicht gegeben hätte. Zum Einen ist das Thema des Spiels der kalte Krieg, bei dem zwei Spieler darum kämpfen, eben jenes Gleichgewicht zu ihren Gunsten aus der Balance zu bringen. Doch auch, wenn das Spiel ein anderes Thema gehabt hätte, wäre es in der DDR nie zu kaufen gewesen. In dem Spielkarton stecken neben einem überdimensionalen Spielbrett, zahlreiche Papp-Plättchen, Würfel und Spielkarten. Schon das wäre ein zu großer Aufwand in der Produktion gewesen, wo zum Teil noch in Handarbeit Spiele hergestellt wurden (siehe: Interview mit Lothar Schubert). Auch heute ist das auf zwei Personen begrenzte Spiel eher ein Ausnahmefall, denn nicht jeder hat die Konzentration und das Sitzfleisch für eine 3 bis 5 Stunden andauernde Partie. Twilight Struggle, wie es im Original heißt, ist ein extremes Beispiel einer Gattung Spiele, die nicht jedem Spaß machen. Viele bevorzugen lieber Spiele mit höherem Glücksfaktor, wie im folgenden Beispiel.
Wolfgang Großkopf, Bastler und Spieleautor zahlreicher von uns bereits vorgestellter Nachbauten, hat neben seinen deutlich taktischer geprägten Kopien von Cluedo oder Heimlich & Co. auch Spiele, wie Glückshaus, Huckepack oder Zirkus Hoppla gebaut. Bei Glückshaus steht, wie der Name schon sagt, das Glück im Mittelpunkt. Dieses sehr alte Spiel erfreute sich gerade in Kneipen und geselligen Runden großer Beliebtheit, wo einfach ein bisschen gezockt werden sollte. Um nichts anderes geht es bei diesem Spiel. Reihum werden zwei Würfel geworfen. Auf einem Spielbrett werden dann je nach Augenzahl Münzen eingesetzt, was natürlich Spielgeld oder die Zeche des Tages sein konnte. Würfelt man die Zahl eines Feldes, auf dem bereits Münzen liegen, kann man sich diese wegnehmen. Bei einer 12 ist man „König“ und darf sich alle Münzen auf dem Plan wegnehmen, bei einer 2 alle Münzen außer denen auf Feld Nummer 7. Dieses Feld ist die „Hochzeit“ und nur beim Wurf einer 12 darf dieses geleert werden. Die Motive sind so alt wie das Spiel selbst. Wolfgang Großkopf hat eine Variante aus dem 16. Jahrhundert kopiert, welche im Bayerischen Nationalmuseum in München zu sehen ist (Quelle: Wikipedia).
Neben Glückshaus hat Großkopf auch eine besonders original aussehende Kopie von Malefiz erstellt. Dieses Spiel wird zusammen mit den beiden anderen Glücksspielen aufbewahrt, was wohl eher pragmatische als inhaltliche Gründe hatte, denn Malefiz bietet zahlreiche taktische Spielmöglichkeiten. In einem Interview stellte Sebastian Wenzel die Frage nach dem Glücksfaktor an die Veranstalter der Malefiz Europameisterschaften (Das gesamte Interview kann auf Zuspieler.de nachgelesen werden):
Einen wesentlichen Anteil am Erfolg bei Malefiz haben Würfel. Ist es nicht langweilig, mit einem so glückslastigen Werk ein Turnier auszutragen?
Das Würfelglück spielt in der Tat eine große Rolle allerdings ist auch die Strategie ein wichtiger Faktor für den Spielerfolg. Malefiz ist nicht unbedingt ein planloses Drauflosgerenne Richtung Ziel, sondern verlangt durchaus Überlegung bei der eigenen Vorgehensweise. Zu guter Letzt spielt die Diplomatie eine Rolle, denn es können temporäre Zweckbündnisse geschlossen werden. Wenn es sich um ein reines Glücksspiel handelte, würde ja reihum jeder mal gewinnen, aber an meinem eigenen Malefiz-Stammtisch sehe ich, dass dies so nicht der Fall ist.
Auch in vermeintlich schlichten Glücksspielen verbergen sich zum Teil ungeahnte strategische Möglichkeiten. Der Kopf muss nicht immer rauchen beim Spielen, hin und wieder darf auch einfach mal wild drauflos gezockt werden. Ausführliches zum Thema Spielekopien und die Probleme der Spieleproduktion in der DDR ist nachzulesen in unserem Buch, das im April 2013 erscheint.
Autor: Geis
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