LABYRINTH A-Z
„Man konnte kaum damit spielen ohne sich zu ärgern, dass alles so schlecht verarbeitet war. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass es den Leuten, die das produzierten, einfach egal war.“ Das berichtet uns Lothar Schubert, Spielesammler und -bastler, der unzufrieden mit der Spieleherstellung der DDR war. Bilder eines besonders kuriosen Druckerzeugnisses stellen wir in diesem Artikel vor.
Das Spiel Labyrinth, oder Labyrinth A-Z, wie die käufliche Variante hieß, stammt ursprünglich von Wolfgang Großkopf. Der Zauberkünstler, Spieleautor und eifriger Bastler erfand das Spiel ursprünglich sogar unter dem ganz anderen Titel Pfadgolf und verkaufte seine Idee an Platicart. Im folgenden ist historisches Material zusammen gestellt, welches diesen Prozess veranschaulicht: Ein Brief von Plasticart mit der Absage das Spiel nicht herstellen zu können und der Verweis auf ein anderes Unternehmen sowie Zeitungsartikel, die das Spiel von Großkopf vorstellen. (Klicken zum Vergrößern und Lesen:)
Die Produktionsbedingungen in der DDR sind mit den heutigen nicht zu vergleichen. Man war beschränkt auf wenige Maschinen, die nur begrenzt unterschiedliches Spielzubehör herstellen konnten. Lothar Schubert besuchte einmal eine der Firmen und berichtete uns: „Ich war bei Plasticart und habe mir mal die Spieleproduktion dort angeguckt und war erschüttert, wieviel damals noch in Handarbeit hergestellt wurde. Die haben die Spielkartons noch mit den Handballen gefalzt. Naja, und am Ende kam eben nicht viel dabei raus.“
Wolfgang Großkopfs Spiel wurde mehrmals verändert. Seine Ursprüngl iche Idee Pfadgolf wandelte er in Labyrinth und dieses wurde in das Lernspiel Labyrinth A-Z umgewandelt. Als dieses dann endlich gedruckt wurde und Lothar Schubert sich ein Exemplar des Spiels seines Freundes zulegte, war er geschockt, denn schon beim ersten Anblick war ihm klar: Dieses Spiel ist unspielbar! Warum? Die Fotos zeigen, dass der Druck derart verrutschte, dass die zusammengehörigen Linien auf der Pappe sich niemals treffen würden, legte man sie aneinander. Aus diesem Grund verbannte er das Spiel unbenutzt und im Originalzustand in seinen Schrank. Heute ist es ein einzigartiges Zeugnis dieser katastrophalen Produktionsbedingungen.
„Vielleicht hatten die damals auch nicht das Feeling, was ein gutes Spiel ausmacht. Vielleicht hatten sie auch nicht die Möglichkeit, gewisse Spieleideen in ihrer Produktion umzusetzen“, fragt sich Schubert im abgedruckten Interview unseres Buches. Antwort hierauf gibt der Artikel von Cynthia Schönfeld ein paar Seiten zuvor. Die Direktorin des Deutschen SPIELEmuseums Chemnitz schreibt in ihrem wissenschaftlich fundierten Text, dass Ideen sowohl Mangelware darstellten, aber auf diese auch keinen sonderlich großen Wert gelegt wurde. Sie schreibt: „Spieleautoren wie wir sie heute kennen gab es nicht. Dafür gab es in einem Betrieb die Abteilung Forschung und Entwicklung— bei SpiKa bestand sie aus zwei bis drei Personen, oft fachfremd, die die Aufgabe hatten „einfach neue Brettspiele [zu] entwickeln, die produktionstauglich waren.““ Doch selbst wenn es mal eine vielversprechende Idee gab, wie im Falle von Lothar Schubert oder Wolfgang Großkopf, dann konnte die Umsetzung alles wieder ruinieren. Ironisch erscheint heute das Logo in der Ecke des Kartons mit der Aufschrift: „Ein Strategiespiel für jung und alt“. Die zu bewältigende Aufgabe bestand weniger darin einen Weg entlang des Alphabets durch das Labyrinth zu finden, als vielmehr darin überhaupt einen Weg legen zu können.
Video-Interview mit Lothar Schubert:
Unser Buch “Nachgemacht – Spielekopien aus der DDR” ist überall erhältlich. Mehr Informationen gibt es hier: http://nachgemacht.blogspot.de/p/buch.html
Autor: Geis
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