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"Es war einmal ein kleines Land namens DDR. Es war die schönste Zeit meines Lebens, denn ich war jung und verliebt."

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MONOPOLY

Mit diesem Zitat neigt sich der Film “Sonnenallee” von Leander Haußmann dem Ende zu. Er beschreibt ein Gefühl, dass uns in der Beschäftigung mit der Erinnerung an das Alltagsleben in der DDR immer wieder begegnet. So führt auch Axel die Beschäftigung mit seinem damals selbstgebauten Monopoly gedanklich zurück in seine Jugend und wie er sagt in die “Sturm und Drang Zeit”. Auszüge aus seiner Zuschrift veröffentlichen wir hier.

“Wie sicher die meisten der West-Spiele-Kopien besteht auch dieses Plagiat aus besten 6mm Hartfaser-Platten (auch Kaback genannt - waren auch im Trabi verbaut), Nitrolack, Heftpflaster, handbeschriebenen Spielkarten und echtem DDR-Kinderspielgeld. Ich glaube, das stammte aus mindestens fünf zerlegten Kaufmannsläden oder so...

Ich hatte das Spiel einmal Mitte der 80er Jahre bei Bekannten kennen gelernt und gespielt. Die hatten ein Original, welches sie mir zum "kopieren" borgten. Zudem haben sie mir noch die Spielanleitung kopiert, mit irgendeinem Thermoverfahren. Das Braun ist noch lesbar auf den zarten Blättchen, die dünn wie Haushaltfolie sind.

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Die Spielfelder habe ich natürlich lokalisiert. Es handelt sich um Bernburg an der Saale, meiner Geburtsstadt. Ich habe nach einigen Stationen innerhalb Bernburgs bis 1991 in meinem Haus in der Leninstraße (heute Auguststraße) gewohnt. Als ich das Spiel gebastelt habe, wohnte ich in meiner ersten eigenen Wohnung in der Lucas-Cranach-Straße. Deshalb ist das auch das teuerste Pflaster auf dem Spielfeld ;-) - obwohl ja die Mieten im Verhältnis zu heute ein Witz waren. Ich glaube, ich habe damals 70,- DDR-Mark im Monat bezahlt - inkl. Fernheizung und Warmwasser. Ich musste mich für drei Jahre Arbeit auf dem Bau verpflichten, um diese Wohnung zu bekommen. Es war eine komfortable 1-Raum Wohnung mit riesiger Küche und einem Balkon davor, den man jedoch nicht nutzen konnte, weil keine Tür hinaus und kein Weg dorthin führte. Es war toter Raum, der nur als Dreckecke eine Bedeutung hatte. Irgendwas Komisches muss es auch in der DDR gegeben haben, was die Architekten geraucht haben. :-)

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Auch einige Ereigniskarten wurden angepasst: "Die VP entdeckt bei einer Verkehrskontrolle Mängel an deinem Fahrzeug. Begib dich in die Kfz.-Werkstatt und zahle 30 Mark" oder "Du bekommst einen Garagenbauplatz erst dann, wenn du dem Bürgermeister 50 Mark Schmiergeld zahlst". 6 aus 49 war auf jeden Fall eine Lotterie in der DDR, bei der ich wöchentlich mitgespielt habe. Möglicherweise haben wir auf diesem Feld um ein zu bezahlendes Strafgeld gewürfelt, weil "Aussetzen" nicht schick war?

Der “Rat der Stadt” war eine parteigesteuerte Institution, welche sich um die Belange der Stadt kümmerte, adäquat zum “Rat des Kreises” und “R. d. Bezirkes”. Auf dem Brett war es wahrscheinlich nur eine Bezeichnung für ein Feld, welches man nicht so gern betritt.

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Sorry, dass ich das nicht mehr zusammen kriege. Das war meine Sturm und Drang Zeit, da gab es nicht viel Gelegenheit zum Spiel. Ich schätze, öfter als zwei bis drei Mal war das nicht, dann aber auch nur im Familienkreis, von dem ich mich zu der Zeit gerade abgenabelt hatte. 

Mir und meinen Kumpels waren die anderen "M"s (also nicht Monopoly) wichtiger: Motorrad, Musik und Mädchen. Und natürlich meine Gitarren und mein riesiger Verstärker samt noch größerer Box (Vermona Regent). In meiner 1-Raum-Neubau-Bude machte der sich prächtig. Es war mein erstes Möbelstück. Meine Nachbarn waren sehr tolerant, aber ich hatte zur Not auch Kopfhörer, um die Toleranz nicht zu überstrapazieren. Geile Zeit damals...

Ups, ich komme vom Thema ab....”

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Axel für seine lebhafte Schilderung und die persönlichen Einblicke.

Autor: Martin (Zitat Axel)

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