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Geheimakte: Spielen

KEIN BILD 
ERINNERUNGEN


Spielen ist privat, Spielen ist intim, beim Spielen werden keine Fotos gemacht. Unsere Recherche nach einer Zeit, in der wir, die Autoren von NACHGEMACHT, zwar geboren wurden, die wir aber selbst kaum erlebt haben, gleicht einem Puzzle. Das Gesamtbild können wir jedoch nur erahnen.


Spiele über Spiele sammeln sich Stück für Stück in unseren Wohnungen an. Seit dem zaghaften Beginn der Sammlung im letzten Jahr, erreichen uns mittlerweile wöchentlich neue Spiele. Sie alle sind Hinweise auf unserer Suche nach einem Teil unserer Kindheit. Gemeinsam mit vielen Spielebastlern und -sammlern rekonstruiert sich das Bild einer Zeit, die wir mit Mitte zwanzig, vor allem aus den Medien kennen. Filme wie „Good bye, Lenin“ oder „Das Leben der Anderen“ geben uns einen Eindruck, haben aber natürlich nicht den Anspruch ein dokumentarisches Abbild der DDR zu geben. Doch genau um dieses Bild geht es auch bei unserer Sammlung, die wir am 05. Mai im Deutschen SPIELEmuseum in Chemnitz zeigen werden.
 
Vom Spielen gibt es keine Fotos. Mit jedem neuen Stück erweitert sich der kleine Kosmos dieses Phänomens, des Spielekopierens. Doch die Spiele selbst und die Geschichten der Bastler sind unsere einzigen Anhaltspunkte. Wir sind bemüht weitere Dokumente zu sammeln, müssen jedoch immer wieder feststellen, dass es weder Fotos noch Filme gibt, die uns zeigen, wie die Mutti Suralin im Ofen gebrannt hat, wie die Familie zusammenkam und die selbstgemalten Monopolygeldscheine verteilte, oder man bei einer hitzigen Partie Malefiz stundenlang zusammensaß. Auch beim einem Blick in unsere eigenen Fotoalben finden sich keine Fotos von Spielen.
 
Die Recherche bleibt abstrakt. Klar, besser als jedes Foto ist es, sich mit den Machern und Spielern persönlich zu unterhalten. Doch ein Foto kann oft noch direkter Aufschluss geben, über Eigenheiten, die gern verdrängt werden – geblümte Tapeten, aufgefönte Frisuren, karierte Hosen... Sie können einen emotionalen Eindruck geben, fernab von in Worte gepackten Geschichten. Sie wecken Erinnerungen an die eigenen Erfahrungen, die unter Alltagsproblemen verschütt gehen. Eine schöne Theorie aus der Gedächtnisforschung ist, dass Erinnerungen nicht einfach vergessen werden können. Oftmals fehlten nur die geeigneten Abrufreize. Ein Foto kann ein solcher Reiz sein, ein möglicherweise noch zuverlässigerer Hinweis, als eine Erinnerung selbst. Hinderk Emrich, ein Philosoph und Psychologe, sagt, dass auch das Erinnern ein kreativer Prozess ist. Das Erinnern gleicht dem Erzählen einer Geschichte, die sich bei jedem Mal verändert.
 
Jede Geschichte ist ein weiteres Puzzlestück. Die Spiele sind ein gegenständliches Stück Geschichte. Man kann sie konservieren und in ihrem aktuellen Zustand erhalten. Die Erinnerungen und die Erzählungen ihrer Macher verändern sich ständig. Viele haben seit langem nicht mehr über diese Zeit nachgedacht, oder gesprochen. Erst im Gespräch kommen wieder viele Details ins Bewusstsein, zum Teil erreichen uns noch Wochen nach dem Besuch bei einem Spiele-Nachmacher Anrufe mit weiteren Einzelheiten. Mit jedem Mal wird unser Bild der DDR erweitert – mal auf sehr ostalgische Weise, mal im absoluten Gegenteil. Es sind sehr private, persönliche Einblicke, die wir erhalten. Doch dieser eine, bildliche Einblick in Form eines Fotos, fehlt uns noch gänzlich. Wer hat ein solches Bild noch im Album und möchte es mit uns teilen? Bitte schreiben sie an ddrkopien@googlemail.com oder erzählen sie ihre Geschichte als Kommentar unter dem Artikel.
 
Autor: Geis

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