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Aggro Ossis – Die wütenden DDR Kinder

Nachgemacht - Spielekopien aus der DDR:  Aggro Ossis – Die wütenden DDR Kinder - Rage
RAGE

„Hüte dich vor Sturm und Wind und Ossis, die in Rage sind!“ Dieser Ausspruch ziert T-Shirts von Anhängern einer Facebook-Seite, die man als Plattform zwischen Ostalgie, Nationalismus und Wutbürger ansiedeln könnte. Auch auf anderen Internetseiten mit DDR Bezug hört man immer wieder laute Schreie derer, die sich aggresiv als Ossis bezeichnen. Woher kommt diese Wut und wo geht sie hin?

 
Als auf der Facebook Seite des DDR Museum vor einigen Wochen die Frage gepostet wurde: „Fühlt ihr euch noch als Ossis, Wessis, Wossis?“ Wurde zahlreich kommentiert, geliked und geteilt. Der Großteil der Antworten sagte ganz klar: „Ich bin Ossis und stolz darauf“. Ein bisschen zu nachdrücklich und dadurch mit einem faden Beigeschmack versehen, gingen doch viele Kommentare in eine deutlich abgrenzende Richtung. Hier einige Antworten, die das Spektrum (unverändert) abbilden sollen: 

„ossi sein ist schöön“

„ich bin und bleibe ein Ossi mit Leib und Seele.“

„natürlich als OSSI und da bin ich a stolz drauf egal was die anderen erzählen“

„solange es bei den Renten und Gehältern unter schieden gibt würde immer OSTDEUTSCHLAND und westdeutschland also auch OSSIS und wessis geben! Ich bin stolz drauf OSSI zu sein!“

„Vergesse nie die Heimat , wo deine Wiege stand . Du findest in der Fremde , kein zweites Heimatland . Ich bin auch in Sachsen-Anhalt geboren und aufgewachsen !!!“

Hier der Link zur Umfrage: http://goo.gl/BZlTkr

Dazwischen gibt es auch Stimmen, die versuchen zu vermitteln, aber der „stolze Ossi“ hat die Mehrheit, ist lauter und klingt ein bisschen verzweifelt. Doch woher kommt diese Wut? 

Für uns von Nachgemacht, Jahrgang '85, kamen die Antworten überraschend und bei genauerem Hinsehen wirkten sie sogar erschreckend. Wir haben das geteilte Deutschland und die Wiedervereinigung nur am Rande unserer Kindheit miterlebt. Diese versuchen wir nun durch einen Blick auf die nachgemachten Spiele aufzuarbeiten und entdecken immer wieder neue Perspektiven. Doch wir sind nur der jüngste Teil der sogenannten Dritten Generation, die die DDR in ihrer Kindheit und frühen Jugend miterlebte. Ein großer Teil der im Osten lebenden Menschen befindet sich gerade auf jener Schwelle die eine Hälfte ihres Lebens in der DDR, die andere in der BRD verlebt zu haben. Ein Identitätskonflikt ist vorprogrammiert. Leider äußert sich dieser oftmals in einer abgrenzenden Haltung, was ein wenig unverständlich bleibt. 

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Facebook ist voll von Seiten, auf denen sich Leute an „früher“ erinnern wollen. Sie zeigen Bilder von Pitti Platsch, Trabis, Waschmittel, Trinkröhrchen, Eis und tausenden anderen Produkten, die es allesamt nicht mehr gibt. Kollektiv erinnert man sich und hält der vergangenen Hälfte seiner Identität die Treue. DDR-Kritiker sind da ungern gesehen, denn sie verdammen die Kindheit der „Ossis“, so zumindest wird es oftmals aufgenommen und in einem Hagel von Gegenmeinungen verstummen sie am Ende immer. Man verteidigt seine Kindheit und Jugend, lässt sich die schönen Erinnerungen nicht nehmen und vergisst dabei andere Meinungen zuzulassen. Rosarote Kindheit und dunkelrote Diktatur bieten erneut Gründe zwiegespalten zu sein – nicht im Land, sondern in jedem Einzelnen selbst. 

Selbst meine Eltern entsprachen nicht dem Bild meiner Erwartung. Als ich irgendwann in den 90er Jahren gemeinsam mit ihnen im Fernsehen Bilder vom Mauerfall sah, war die Reaktion eine andere, als vermutet. Statt von Freudenschreien war der Raum eher von bedächtigem Schweigen erfüllt. „Hey warum jubelt ihr nicht mit?“, fragte ich meine Eltern, die beide seit den frühen 70ern in der Friedens-, Umwelt- und später dann Widerstandsbewegung waren. „War das nicht die Erfüllung eurer Träume?“ Die Antwort kam klar und überraschend: „Nein.“ Man erklärte mir, man habe Jahrzehnte für eine andere und bessere DDR gekämpft, aber nie hätte man gedacht, dass mit der friedlichen Revolution einfach der Osten vom Westen einverleibt würde. Es kam ein neues System, das alte ging und mit ihm die Anhänger derjenigen, die ihr Land besser machen wollten. Der Wechsel ging zu schnell und überforderte jedermann. Heute stehen die Bilder des Mauerfalls für viele, neben Reisefreiheit und Supermärkten, auch für den Beginn ihrer Arbeitslosigkeit oder den Anfang einer sehr unruhigen, ungewohnten Zeit, auf die keiner vorbereitet war. Für meine Eltern steht er für das Ende ihrer Revolution, die als solche nie geplant war.

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Viele fühlen sich ihrer Kindheit beraubt, was (irgendwie) nachvollziehbar ist. Viele sind wütend, was absolut übertrieben ist. Sie nutzen Facebook, um eine viele Jahre vergessene Seite ihres Lebens wieder in Erinnerung zu rufen, sie schwelgen, schweifen und schwadronieren. Ein bisschen mehr Reflexion und bisschen weniger Rage, würden der Diskussion und dem Begreifen der DDR gut tun. 

Das Spiel, welches wir heute vorstellen, heißt Rage von Christine Voigtländer. Wie ihre Kopie von UNO nutzte sie ein ganz anderes originales Kartenspiel, beklebte es mit Papier und malte alle Karten einzeln neu. Die viele Arbeit hat sich gelohnt, denn heute hat sie mit ihrem Rage ein einzigartiges Erinnerungsstück ihrer Vergangenheit.

Autor: Geis













2 Kommentare:

  1. Eine Aussage ist absolut richtig...Solange es derartig gravierende Unterschiede im Lohn-und Rentensystem zwischen Ost und West gibt,wird es Ossi's und Wessi's geben. So lagen gewisse Wessis ihre Besatzer-Mentalität nicht ablegen,wird sich der Ossi zu wehren wissen...

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  2. Es nützt doch nichts Menschen Ihre Gefühle abzusprechen oder zu sagen Sie sollten anders sein - die realität ist wie Sie ist, und da sind die Leute eben so. Und es hat immer einen grund warum die Menschen sind wie Sie sind - und in diesem Fall sprecht Ihr einen Punkt auch selber an: die Okkupation der DDR. Und so hat sich das ja auch weiter entwickelt.. die ehemaligen DDR Bürger als Bürger zweiter Klasse.
    Viele haben viel verloren und konnten trotz aller Anstrengungen nur begrenzt ein neues Leben aufbauen. Auf den ossi wird doch vielfach immer noch heruntergeschaut.
    ich halte auch nicht viel von Ostalgie, aber vermutlich haben diese Menschen nichts anderes. Da ist noch viel aufzuarbeiten. Und ja wer 85 geboren ist hat das nicht mehr wirklich mitbekommen.

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