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“Laufen Sozialisten schneller?” – Die DDR und Olympia

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In Kürze eröffnen die Olympischen Spiele 2012 in London. Auch für die DDR hatten die Spiele große Bedeutung – der Staat erlangte durch die Wettkämpfe internationale Legitimation und hatte eine Erfolgsbilanz die bereits in den 60ern den Klassenfeind ins Staunen versetzte. Das nachgebastelte Memory-Spiel aus den 60er Jahren bildet auch einige Sportereignisse ab und veranlasst uns zu einer Rückschau auf die Bedeutung Olympias für die DDR.

“Laufen Sozialisten schneller?”, diese Frage stellte sich wohl die bundesdeutsche Sportpolitik als die DDR 1968 die BRD im Medaillenspiegel der Sommerspiele in Mexiko übertrumpfte. Dieser sportliche Vorsprung sollte bis zur Wiedervereinigung bestehen bleiben. Zwar traten vor 1964, als für das bestehen der beiden Gebiete noch keine anerkannte Lösung gefunden war, die Sportler von DDR und BRD noch in einer gesamtdeutschen Olympiamannschaft an, doch spätestens Ende der 60er emanzipierten sich die Ostdeutschen Sportkader in aller Deutlichkeit.1 Auf Beschluss der IOC durfte die DDR im Jahre 1968 erstmals unter der Bezeichnung Ost-Deutschland eine eigene Olympiamannschaft stellen. Die Anerkennung der eigenen Fahne und Hymne sollte 1972 folgen und stellte einen erheblichen Rückschlag für die BRD da, denn im Westen Deutschlands galt die Flagge mit Hammer und Zirkel noch als verfassungsfeindlich und damit als verboten. Allein diese Tatsache beweist, dass gerade zwischen den beiden deutschen Staaten die sportliche Repräsentation mehr war als bloßer olympischer Gedanke. Als “Diplomaten im Trainingsanzug” bezeichnete sich in der Rückschau Erika Zuchold, erfolgreiche Turner-Olympionike der DDR. Sport war wichtiger Staats- und Machtbereich der DDR Gesellschaft und die Erfolge allein bei den Olympischen Spielen sind beachtlich. Das Land, dass es durchschnittlich auf 17 Millionen Einwohner brachte, erzielte nicht weniger als 203 Olympia-Goldmedaillen, insgesamt 755 Olympiamedaillen. 768 Weltmeister und 747 Europameister sind DDR-Sportler.2

Einheitliche Sichtung und Auswahl (“ESA”) sowie Spezialschulen waren nur zwei Maßnahmen zur Etablierung eines erfolgreichen Sportsystems, dass angelehnt an das Sowjetische Vorbild Weltruhm erlangen sollte. Jedes einzelne talentierte Kind sollte gefunden und gefördert werden – zu welchem Preis das geschah wurde erst nach der Wende thematisiert. Allem voran waren es die Dopingskandale die spät aufgedeckt wurden und die die erhebliche Schattenseite der ostdeutschen Sportbegeisterung zeigte. Unter der Bezeichnung “Staatsplanthema 14.25” wurden Tausenden DDR Leistungssportlern teils ohne ihr Wissen gedopt. Investiert wurde von Staatsseite nicht nur in den Sport und die Jugendförderung sondern ebenfalls in die Forschung und Entwicklung leistungssteigernder Präparate. Die Zahl der gedopten DDR Sportler variiert in der heutigen Geschichtsschreibung (um die 10.000), was jedoch mit Sicherheit gesagt werden kann ist, dass das Doping bei zahlreichen, gerade minderjährigen SportlerInnen massive Spätfolgen auslöste. In einem Bericht von dem stellvertretenden Leiter des Sportmedizinischen Dienstes der DDR (SMD) Manfred Höppner heißt es 1977:

„Den Hauptteil unter den bisher angewandten Präparaten haben die anabolen Hormone, auch als anabole Steroide bezeichnet. Sie wurden im DDR-Leistungssport seit 1966 angewandt. Insbesondere in verstärktem Maße während der Vorbereitungen der Olympischen Spiele 1972 und 1976. Gegenwärtig werden sie in allen olympischen Sportarten mit Ausnahme von Segeln und Turnen (weiblich) bei fast allen Kadern der Kaderkreise I und II bzw. A und B, d. h. bei allen Nationalmannschaftskadern der Sportverbände angewandt. [...] In Sportarten mit meßbaren Leistungen lässt sich diese Tatsache durch Meter, Sekunden oder Kilogramm eindeutig nachweisen. [...] Die bisherige Anwendung von anabolen Hormonen hat bei zahlreichen Frauen, insbesondere aber im Schwimmsport zu irreversiblen Schäden geführt. Zum Beispiel Vermännlichungserscheinungen wie Zunahme der Körperbehaarung, Stimmveränderungen und Triebstörungen.“3

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Bei den neuerlichen Rekorden und Bestzeiten die im heutigen Sport regelmäßig aufgestellt werden und auch im Hinblick auf die immer neuen Dopingfälle die heute teilweise dem Sport jeglichen Glaubwürdigkeit nehmen, lässt sich leicht feststellen, dass auch die aktuelle Situation des sportlichen Wettkampfs seine Kehrseiten hat. Die sportlichen Erfolge bleiben trotzdem in Erinnerung, da sie im kollektiven Gedächtnis, den Medien und Alltagsgegenständen weitergegeben werden. Auch unsere Memorykarten sind ein solcher Alltagsgegenstand, den Frau Süß in den 60er Jahren selbst bastelt – eben zu der Zeit als der sportliche Erfolg der DDR seinen Siegeszug begann. Neben den Sportmotive dienten Verpackungen und Geschenkpapier – alles aus Ost und West – als Motive. Frau Süß schenkte uns Ihr Memory – herzlichen Dank auch nochmals an dieser Stelle. Den beigelegten Brief über einige Hintergründe dazu, lest ihr hier.

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Zudem liefert folgender spannender Dokumentarfilm umfassende Einblicke in das Thema Leistungsspot in der DDR – “Die Goldmacher” von Albert Knechtel – alle angesprochenen historischen Fragmente werden hier in einen Zusammenhang eingeordnet und wichtige Zeitzeugen kommen zu Wort:

 

Autor: Martin

 

 Quellen:

  1. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sport_in_der_DDR (14.07.2012)
  2. Vgl. BRAUN, Jutta, “’Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport’”, in: GROßBÖLTING, Thomas [Hrsg.], „Friedensstaat, Leseland, Sportnation? DDR-Legenden auf dem Prüfstand“, bpb, Bonn 2010.
  3. Treffbericht IM Technik (Manfred Höppner) vom 3. März 1977, BStU MfS ZA A 637/79.

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