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Tiere und Zookultur in der DDR

Schildkrötenspiel 04


SCHILDKRÖTENSPIEL

Die DDR sah sich als erster Staat, der die Bildungsaufgabe der zoologischen Gärten als “naturwissenschaftliche Schulen des Volkes” gesetzlich fixierte. Tiere waren auch gern gesehenes Motiv für Karten, Illustrierte und Spiele…

 

In §67 des Gesetzes über das einheitliche sozialistische Bildungssystem heißt es: "zoologische Gärten haben den Bildungsprozess auf allen Stufen zu unterstützen und allen Bürgern die Gelegenheit zu geben, ihre Bildung zu erweitern."1 Damit hatten alle 14 Bezirke der DDR sowie Ostberlin den Anspruch auf einen Zoologischen Garten sowie eine wissenschaftliche Begleiteinrichtung. Dieses Gesetz erklärt in der Folge auch, warum zahlreiche Zoos nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1949 neu entstanden oder ausgebaut wurden – Berlin-Friedrichsfelde (1955), Erfurt (1959), Rostock (1956), Magdeburg (1959), Schwerin (1973), etc. Noch bemerkenswerter ist die Zahl der Heimattiergärten, die sich allein bis 1982 auf 125 erhöhte. Die Internetseite Zoodirektoren.de zeigt eine genaue Liste der eröffneten Zoos und Tierparks samt Jahreszahlen.

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Das Tier als öffentliches Besichtigungsstück – ob heimisch oder fremdländisch – war Kulturgut in der DDR. Folgerichtig unterstanden die Einrichtungen damit dem Kulturministeriums. Und zweifelsohne erfreute sich das Tier und damit auch Tierparks und Zoos einer enormen Beliebtheit. 1982 zählten die Zoos und Heimtierparks insgesamt 17 Millionen Besucher1, wohlgemerkt bei einer Einwohnerzahl von damals 16,7 Millionen. Doch auch neben diesen Zahlen fällt auf, dass Tiere als Motiv bei DDR Waren immer wieder herhalten mussten – so auch bei Spielen.

Wir berichteten kürzlich über ein Monopoly Spiel, dass ein Junge in der DDR kopierte und der als Verpackung für sein Scheine und Straßenkarten eine Original Spieleverpackung der DDR heranzog: Tierpark-Lotto hieß das Spiel, dass geradezu symptomatisch ist für einen Sachverhalt, der vor allem die leidenschaftlichen Spieler in der DDR störte: Die Tatsache, dass es den Spielern an komplexen Welten in den Ost-Spielen mangelte. Wo man in der BRD, spätestens ab den 70ern in abstrakte Spielerealitäten eines Kapitalisten (Monopoly), einer Märchengestalt (Sagaland) oder eines Agenten (Heimlich & Co) abtauchen konnte, blieb das Spiel in der DDR vor allem beim klassischen Rausschmeißer oder Kartenlegespiel stehen. Die Welten die darauf etikettiert wurden waren, wenn überhaupt vorhanden, harmlos. Tiere boten sich für eine derartige Rahmung ausgezeichnet an, waren sie doch unproblematisch und bekannt, z.B. aus den zahlreichen Zoos und Tierparks.


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Doch auch die DDR Bürger die selbst zu Leim und Schere griffen, mochten das Tiermotiv. Das Schildkrötenspiel von Rotraud zeigt es. Ob dieses Spiel ernsthaft lösbar ist, konnte ich nach einigen Versuchen leider nicht verifizieren. Es gelang mir nicht, obgleich man doch denkt, dass es nicht all zu schwer sein kann, neun weiße Felder mit je vier Schildkrötenteilen in verschiedenen Farbenkombinationen passend zusammenzulegen. Doch es sollte mir eine Lehre sein, da es beweist, dass nicht jedes simpel wirkende Spiel auch simpel sein muss – genauso wie nicht jedes Tiermotiv gleich harmlos sein muss. Auch hier ist die DDR und ihr großer Bruder die Sowjetunion ein spitzen Beispiel – war hier doch gerade ein Buch strikt verboten: Animal Farm von George Orwell. So durften die Tiere dann doch nicht sein…

 

Autor: Martin

 

1 Entwicklung der Wildtierhaltung und Aufgaben der zoologischen Gärten. in: BERGER, G., M. BÜRGER, K. ELZE, K. EULENBERGER, W. FISCHER, W. GENSCH, G. KRISCHE, P. MÜLLER, H.-G. PETZOLD, K.-G. WITSTRUK u. F. ZWIRNER: Zootierhaltung. Grundlagen. Bd. 1. VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin, S. 13-25

Quelle: www.zoodirektoren.de

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