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Die Mauer muss weg. Die Mauer muss weg.

Malefiz 01
MALEFIZ

Nach Monopoly war Malefiz das Spiel, dass in der DDR am häufigsten kopiert worden ist. Zentrale Aufgabe des Spiels ist es gewesen, die Mauer(n) zu beseitigen. Entscheidender Haken einer DDR-Allegorie: bei Malefiz kämpfte man sich im Alleingang durch die Mauern, die in den Weg gestellt wurden.


Es ist das Symbol für die junge Geschichte Deutschlands: Die Mauer. Der antifaschistische Schutzwall, wie sie durch die DDR Spitzen euphemistisch genannt wurde, trennte ein Land in zwei Sektoren. Sie war 1378km lang, bestand 28 Jahre und forderte mindestens 136 Todesopfer (die Zahlen hierüber gehen auseinander). DDR und BRD vereinigten sich und der Fall der Mauer ging in das kollektive Gedächtnis ein und hinterlässt für uns, die Kinder der DDR sowohl historische Lehren, Bürden aber auch zahlreiche Fragen – Fragen an die Zeitzeugen aus den beiden Teilen Deutschlands.

Einer der Zeitzeugen ist Dr. Martin Böttger, ehemaliger Leiter der Chemnitzer Außenstelle der Stasiunterlagenbehörde (BStU) und Friedensaktivist in der DDR. Sein Leben war schon immer durch das Spielerische bestimmt, sagt er. Damit gehörte das Kopieren von Spielen auch für ihn zu einem kleinen Stück Freiheit, die er für sich selbst einforderte. Eines seiner Spiele – Bürokratopoly – tauchte nach der Wende sogar in seinen Stasiunterlagen auf. Doch auch vermeintlich harmlose Spiele kopierte Martin Böttger – so zum Beispiel dieses Malefiz. Es handelt sich, viel buchstäblicher als bei vielen der übrigen Unikate in unserer Sammlung, um eine Kopie, eine Fotokopie des Originalspiels. Das leicht vergilbte Brett selbst, mit den Unschärfen der Kopie, wirkt wie ein altes Aktendokument. Die Pistolen und Barrikadenfelder, die das Brett im Original schmücken, treten durch die Reduzierung auf schwarz-weiß martialisch in den Vordergrund. Die Erinnerung an die Zeit in der das Spiel entstand, werden für den Bastler, mit dem Blick auf das Brett, lebendig – nur eine Sache fehlt: die Mauersteine, die damals die Bewegung der Figuren kontrollierte und einschränkte.

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Im Tränenpalast am Bahnhof Berlin Friedrichstraße findet gegenwärtig die Ausstellung Grenz-Erfahrungen statt. In beeindruckender und bewegender Form reflektiert die Ausstellung die Geschichte der Berliner-Mauer, mit einem speziellen Augenmerk auf den Tränenpalast der als Ort von Abschied und Sehnsucht bis heute geballte Geschichte in sich trägt. Vom Bau der Mauer, über die tägliche Praxis der Grenzsoldaten, bis hin zur friedlichen Revolution reflektiert die Ausstellung die historische Entwicklung und deutsch-deutscher Lebensrealität unter der stetigen Präsenz der Grenze.

Die Mauer die Deutschland teilte, war nicht allein eine Teilung des Landes, sie separierte zudem eine Stadt, entzweite Familien, trennte politische Systeme, ja ganze Weltanschauungen voneinander. Das diese Mauer in derart friedlicher Form fallen konnte, grenzt an ein Wunder und sollte Zuversicht geben um weitere Mauern der Gesellschaft zu überwinden.

2012-06-04 13.41.24Der Tränenpalast befindet sich am nördlichen Ende der Friedrichstraße und eröffnet einen historischen Rückblick auf die damalige Teilung durch die Mauer. Fuhr man kürzlich, nach seinem Besuch im Tränenpalast (so wie ich) einige hundert Meter weiter Richtung Südende der Friedrichstraße, so staunte man nicht schlecht, seit der Biennale stand sie wieder: Eine Mauer. Mitten auf der Friedrichstraße – 12 Meter breit, 5 Meter hoch – die sogenannte “Peace Wall” von Nada Prlja. Es ist eine Arbeit mit der die Künstlerin, auf die “soziale Ungleichheiten in der südlichen Friedrichstadt sowie auf wirtschaftliche und politische Prozesse in diesem zukünftigen Sanierungsgebiet” verweist. Die Zustände hat sie zweifelsfrei richtig erkannt und sich im Zentrum Berlins, wenige Meter vom Checkpoint Charlie, dem Symbol der Mauer zu bedienen liegt sicher nicht fern. Trotzdem wussten die Bewohner des Südendes der Friedrichstraße, in dessen Dienst sich doch die Mauer zu stellen glaubte, das Kunstwerk nicht zu schätzen. Als ich zufällig mit dem Fahrrad vorbeifuhr, beschwerten sich die Bürger lautstark darüber, sagten, dass sie dadurch lächerlich gemacht würden und das der Umsatz ihrer Geschäfte seit dem Bau dieses Kolosses eingebrochen ist, da kein Auto mehr anfahren könne. Das anwesende Fernsehen filmte dankbar die aufgebrachten Bürger ab (den Beitrag gibt es bei ZDF Heute Nacht), die mit Brechstangen kurzerhand die Mauer abrissen.

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Es gibt also offenbar viele Gründe eine Mauer zu errichten, doch noch mehr, sie in kollektiver Einigkeit abzureißen. Auf dem Malefiz Brett von Martin Böttger kommt vorne und hinten in verschiedener Aufmachung daher. Bei diesem Spiel gibt es nur kleine Gruppen – die jeweilige Farbsteingruppe – die zusammenhält. Doch letztlich streben alle nach dem Gleichen: die Mauern einzureißen und das Ziel zu erreichen.

 

Autor: Martin

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