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Occupy in der DDR

Nachgemacht: Geld und Börse

GELD & BÖRSE


Im Spiel haben wir die Erlaubnis Verbotenes zu tun. Wir betreten Welten die wir sonst ablehnen, wie diesen seltsamen Ort an dem wir Straßen kaufen, Hotels bauen und jedem, der uns besucht, Geld dafür abknöpfen. Durch einen Nachbau haben wir ein Spiel entdeckt, welches nicht mehr verlegt wird, vielleicht weil es noch heute verboten sein würde. In “Geld & Börse” sind wir die Banken – und wir wollen die Weltherrschaft.



“War Monopoly in der DDR verboten?” Auf diese Frage stoßen wir bei unserer Suche nach nachgemachten Spielen aus der DDR immer wieder, können sie aber nicht eindeutig beantworten. Die Einen hatten Monopoly und keiner störte sich daran. Die anderen bekamen es weggenommen und mussten sie dafür rechtfertigen. Fest steht, dass es nicht dem Weltbild der damaligen Regierung entsprach und es in offiziellen Kreisen ungern gesehen wurde. Im Bewusstsein etwas Verbotenes zu tun, war Monopoly für einige wenige aber auch ein stiller, verspielter Protest. Was kann man aber über “Geld und Börse” sagen? Aus politischer Sicht nicht viel, da es ein unbekanntes Spiel war, vor allem in der DDR. Mittlerweile wird es auch nicht mehr hergestellt und nur über den Nachbau von Hartmut, der uns schon zahlreiche andere Schätze zukommen lies, haben wir es entdeckt.

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Das Spiel selbst erinnert stark an Monopoly. Es geht um Geld und vor allem darum es zu vermehren. Dabei bebaut man jedoch keine Straßen sondern Weltstädte, wie Chicago oder Tokyo. In diesen Städen wiederum kann man Investitionen tätigen, zum Beispiel Computer bauen. Städte und Investitionen sind getrennt auf dem Spielbrett dargestellt. Die Städte sind wie die Straßen, beim Monopoly angeordnet. Die Flächen mit den Investitionen, liegen als getrennter Spielfeldkreis um die Städte herum. Beim Würfeln mit DREI Würfeln entscheidet einer davon, ob man seine Figur auf der Innen- oder Außenbahn setzen muss, die anderen beiden bestimmen die Anzahl der zu setzenden Felder. Jetzt zum “Börse-Teil”, denn das Spiel ermöglicht es einem in Kupfer, Silber, Gold, Platin und Öl zu investieren. Öl ist hierbei das wertvollste Gut. Im Verlauf des Spiels steigen und fallen die Kurse und wer richtig spekuliert bekommt dafür richtig viel Geld. Der sicherlich beste Unterschied zu Monopoly ist, dass das Spiel nach einer vorher veinbarten Zeit endet. Wenn also Hartmut und Familie sich vor Beginn gesagt haben, dass dieses Spiel nach zwei Stunden endet, dann musste nicht die Nacht hindurch gezockt werden, um den alleinigen Gewinner zu ermitteln. Wie Hartmut uns jedoch erzählte, taten sie es trotzdem.

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Eine kleine, aber entscheidende Änderung der Regeln von “Bank und Börse”, wie Hartmut das Spiel nannte, baute er noch ein. Beim Spielen stiegen die Kurse teilweise zu rasch, der “Markt” verlor sein Gleichgewicht und ließ sich nicht mehr gut ausbalancieren. Hatten die Spieler einen “Fehler” entdeckt, so wurde ein Vorschlag gebracht, wie man diesen beheben könnte und ganz demokratisch darüber abgestimmt. So bauten Harmut und Co. einen Reset-Knopf ein: Beim Ziehen einer bestimmten Karte, fielen alle Kurse auf ihren Mindestwert zurück. Wer bis hierhin sein Öl gehamstert hatte, um den Gegner am Kauf zu hindern, der erlitt nun den absoluten Werteverfall seiner Güter. Problem erkannt, Problem gebannt. Mit seiner kleinen Regeländerung brachte Hartmut das kapitalistische System ordentlich ins Schwanken und gestaltete damit das Spiel etwas fairer und interessanter. 

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Für Hartmut bedeutet(e) Spielen mehr, als stur den Regeln zu folgen. Er zeigte es uns als ganzheitlichen, kreativen Vorgang. Vom Basteln des Spiels auf seinem Spielekoffer, über das Verändern eines Patience-Kartenspiels, dem Zurechtfeilen des Spezialwürfels, oder dem Gestalten von Suralin-Spielfiguren bis hin zum Anpassen des Regelwerks. Politische Hintergedanken beim Spielen hatte er keine, sagte er uns. Dennoch schuf er eine Spielewelt, die für uns, die wir nur wenig über die DDR wissen, eine interessante und noch immer aktuelle Utopie des Systems zeigt, in dem wir heute leben. Hartmut konnte die Regeln mit einer demokratischen Abstimmung am Spieletisch ändern. Bleibt zu hoffen, dass wir das heute auch tun können.

Autor: Geis

1 Kommentar:

  1. Occupy in der DDR! Witzig und spannender Titel. Ob die Bewegungen damals genauso (gut/schlecht) organisiert waren wie heute?

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