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Die DDR - Ein Land ohne Verbrecher?

NACHGEMACHT - Spielekopien aus der DDR
 
 
MONOPOLY
 
In kaum einem anderen Land lag die Anzahl der jährlichen Verbrechen so niedrig, wie in der DDR. Das vom SPIELEmuseum gefundene nachgemachte Monopoly gibt jedoch Einblick in eine Welt voller Mord und Diebstahl.
 

Dieses Mal hat uns das SPIELEmuseum selbst ein nachgemachtes Spiel zukommen lassen. Dieses ist, wie viele weitere Exponate, derzeit in Chemnitz ausgestellt. Ein Blick ins Schubfach mit den Ereigniskarten gibt einen Hinweis auf die Besonderheit dieser Spielversion: Fast die Hälfte der Ereigniskarten beschreiben Verbrechen: Kindesentführung, Politikermord, Brandstiftung und viele Weitere. Alle Karten können in der Galerie angesehen werden, oder direkt im Museum.
 
Hat der unbekannte Autor etwa seine persönlichen Lebenswelten in das Spiel einfließen lassen? Zu hoffen ist es nicht und auch die Statistik verrät, dass es zumindest sehr unwahrscheinlich gewesen wäre, denn die DDR hatte im Vergleich zu vielen anderen Ländern vergleichsweise wenig gemeldete Straftaten. Die Tabelle aus dem Statistischen Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik von 1989 zeigt, dass seit Gründung des Staates die Anzahl um 714 bis 878 pro 100.000 Menschen* stagniert, wohingegen es in der BRD fast 10 Mal so viele waren. Wenn man der Statistik vertraut, dann war die DDR ein Land der sozialistischen Friedfertigen, die den westlichen Traum eines harmonischen Miteinanders längst lebten. Doch einer Staatsstatistik der DDR hat man weder damals, noch heute getraut.
 
NACHGEMACHT - Spielekopien aus der DDRNACHGEMACHT - Spielekopien aus der DDR
 
Für die außergewöhnlichen Statistiken gab es verschiedene Gründe. Das enge Netz der Staatssicherheit, eine aktive Verfälschung von Statistiken und das Fehlen ganzer Deliktgruppen, wie Entführung, oder Drogenhandel, sorgten für die entsprechenden Zahlen. Eine weitere Tabelle zeigt die häufigsten Arten der Verbrechen, allen voran Diebstahl. Hier konnte selbst die Verwaltung den Mangel von Gütern im Lande und deren illegale Beschaffung nicht verbergen. Das Verbrechen an sich gehörte nicht zum humanistischen Weltbild der SED-Regierung und so wurde die Kriminalität schrittweise unsichtbar gemacht.
 
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Das Monopoly zeigt also eine DDR, die es offiziell gar nicht gab. Im Museum weiß man, dass es 1986 gebaut, aber erst 1992 fertig gestellt wurde. Die Ereigniskarten beschreiben die Olympischen Spiele in Barcelona, welche 1992 ausgetragen wurden, sind also vermutlich erst mit dem zweiten Anlauf, dann schon im vereinten Deutschland hergestellt worden. Fernsehshows, wie „Der Preis ist heiß“, oder „Ruck Zuck“, die auch ins Spiel eingearbeitet worden sind, bestärken diese Vermutung. Somit hätte der Autor nicht die DDR, sondern die Zeit kurz nach der Wende in sein Spiel übertragen. Letztlich kann nur gerätselt werden, was in seinem Kopf vorging. Ob es das krimireiche Westfernsehen oder ein frustrierter Beamter für Statistik der DDR war, der sich hier endlich Luft verschaffen wollte, bleibt sein Geheimnis.
 
Autor: Geis
 
*Quelle: http://www.digizeitschriften.de/ Statistisches Jahrbuch der Deutschen Demokratischen Republik 1989
 
Weitere Bilder:
 
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