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Wenig Spiel, viel Lenin? Kindheit in der DDR

Monopoly 10
MONOPOLY

Welchen Einfluss hatte die Ideologie der DDR auf ein Kind? Carsten war 12 Jahre alt als er ein Monopoly-Spiel sah. Aus seiner Erinnerung baute er das Spiel nach und geriet damit zwangsläufig zwischen die ideologischen Fronten von Sozialismus und Kapitalismus.
 
Für Kinder gibt es kaum Wichtigeres als zu spielen. Es ist nicht als spaßiger Zeitvertreib zu werten, sondern vor allem für die individuelle Entwicklung ist Spielen essentiell. Es beginnt mit dem nachahmen vertrauter Personen und endet noch lange nicht beim Durchspielen von alternativen Realitäten. Spielt das Kind König, Mama oder Soldat schlüpft es, wenn auch nur spielerisch, in eine andere Rolle. Damit motiviert das Spiel und erhöht die eigene Kreativität und Denkleistung. Könnte hierin ein Grund zu lesen sein, warum spielfreudigen DDR Bürgern nahezu keine komplexen Spiele zugänglich waren? Das zumindest ist eine Deutung von J. Peter Lemcke, dem Gründer des Deutschen SPIELEmuseums Chemnitz:
 
"In der DDR gab es praktisch keine komplexen Spiele, keine innovativen neuen Spielformen. Woran hat das gelegen? Zum Spiel gehört auch das Querliegende, Unangepasste. Dabei sind Abweichungen vom Üblichen, die Unordnung, die Unsicherheit und die Umkehrfunktion von Spielen oft eine latente Bedrohung von vorherrschender Ordnung. Spiel stellt die Mächtigen in Frage."1
 
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Wie eine Bestätigung dessen, wirkt die Geschichte von Carsten, der als Kind in den späten 70ern wohl wenig Spaß an DDR Brettspielen fand, während in der BRD Monopoly neu aufgelegt und erstmals der Titel „Spiel des Jahres“ verliehen wurde. Bei seinen Nachbarn bekommt Carsten ein Original Monopoly zu Gesicht. Das Spiel strahlt für ihn so viel Reiz aus, dass er es sich einprägt. War es die Spielidee die den 12jährigen reizte oder gar die spielerische Realität des Kapitalismus in die er eintauchte? Heute ist diese Frage nicht mehr zu beantworten – klar ist jedoch, dass er das Spiel aus dem Gedächtnis nachbaute. Als Verpackung diente die Hülle von “Tierpark Lotto”, ein DDR Spiel aus der Zeit.
 
Die Monopoly Version „hatte dann doch mehr mit meinem kindlichen Erfahrungshorizont als mit dem Original zu tun.“, schrieb uns Carsten. Das ist gerade darum bemerkenswert, da eben dieser „Erfahrungshorizont“ unweigerlich von politischen Fakten und Figuren durchdrungen war. Das beweist ein genauer Blick auf Carstens Spiel.
 
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Das Kind, dass etwas selbst bastelt, ist in seiner Handlung völlig frei. Doch was sagt die Handlung über das Kind aus, benennt es wichtige Straßen im Spiel nach den politischen oder ideologischen Führungsfiguren (z.B. Honecker & Lenin) oder erhebt die Beitragszahlung für die Partei zur bedeutungsvollen Handlung auf einer Ereigniskarte? All das findet sich in Carstens Monopoly von 1980. Doch vielleicht sagt dieses Ergebnis subtiler Ideologievermittlung weniger über die Kinder aus und viel mehr über das System, in dem sie aufwuchsen. Um für uns greifbar zu machen, wie die Kindheit in der DDR aussah brauchen wir eure Hilfe:
Wie ihr die Kindheit in der DDR empfandet, würden wir gerne von euch erfahren. Bitte schreibt uns eure Erfahrungen und Meinungen, entweder unten in den Kommentaren oder auf www.facebook.com/nachgemacht. Über eure Einschätzung würden wir uns sehr freuen. 
 
Einen erste Erinnerung fanden wir in folgendem Video:
 
1LEMCKE, J. Peter, „Spiele in der SBZ und der DDR oder sind Spiele gefährlich?“, in: „Arbeitskreis Bild Druck Papier, Band 10, Tagungsband, Dresden 2005, S. 108.

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